Der Missionshintergrund
Die Planung der Mission begann im Februar, als wir von der Satgruppe Langenzenn erfuhren, dass sie einen weiteren Wetterballon starten wollten. Dieser Wetterballonstart ist die perfekte Möglichkeit die Zuverlässigkeit unseres Systems über lange Luftstrecken und ohne Hindernisse wie Häuser, Bäume oder Berge zu testen, was den Umweltbedingungen eines Raketenstarts sehr nahekommt
Das Missionsziel
Das Missionsziel war es, Informationen über die längste mögliche Distanz per Funk zu übertragen. Wir entschlossen uns dazu Fotomaterial als auch GPS-Daten zu senden, um den Ballon live verfolgen zu können und Rückschlüsse über die Flugrichtung, -geschwindigkeit und Höhe zu ziehen. Mithilfe dieser Daten konnten wir so unsere Bodenstation jeweils kurz vor dem Überflug des Ballons aufbauen. Auch ist es so möglich, die genaue Luftstreckendistanz und damit die maximale Entfernung zwischen Empfänger und Sender beim Funken zu errechnen, um herauszufinden, ob das System für unsere Rakete tauglich ist. Wir berechneten die Flugbahn des Ballons mehrfach vor dem Start, doch leider ist das Wetter nicht immer genau vorhersehbar. Auch wussten wir nicht, auf welcher Höhe der Ballon genau platzt. Dies spielt aber eine große Rolle, da ab ca. 25 Kilometern Höhe ein starker Südwind vorhergesagt war, von dem der Ballon für jeden Kilometer, den er weiter steigt, 20 bis 50 Kilometer weiter abgetrieben wird. Eine genaue Berechnung des Landepunkts ist also nahezu unmöglich.
Die Technik an Bord
Unsere Wettersonde besteht aus einer Styroporkiste mit seitlichen Finnen für bessere Stabilität im Flug und der gesamten Elektronik in ihrem Inneren. An Bord ist ein GPS- und Wetterdatenlogger, der Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck außerhalb der Kiste misst, mit den zugehörigen Positionsdaten verknüpft und auf einer Mirco-SD-Karte aufzeichnet, sodass wir den Flugpfad nach der Landung genau nachvollziehen können. Wir haben auch drei Kameras verbaut: eine 360-Grad-Kamera, eine HD-Action-Kamera und eine kleine Knopfkamera, die an unsere HACT-Funkstation angeschlossen ist. Zwei redundante GPS-Tracker an den Seitenwänden ermöglichen es uns, nach der Landung über das GMS-Netz, also per SMS, die Position der Sonde am Boden zu empfangen, um diese dann zu finden. Die meiste Elektronik wird von einer 28Ah-Powerbank versorgt, die gemeinsam mit der restlichen Elektronik genug Wärme erzeugt, um die Temperatur in der Styroporkiste aufrechtzuerhalten, und somit Schäden an den Geräten auch bei -60 Grad außerhalb der Kiste zu vermeiden. Nicht zu vergessen ist das für uns wichtigste in der Sonde: unsere HACT-Funkstation. Es handelt sich hierbei um einen Raspberry Pi Zero, der mit einem Adafruit GPS Breakout v3-Empfänger, einem LoRa RFM95W-Funkmodul und der Knopfkamera verbunden ist. Als Antenne wählten wir eine vier Wellenlängen lange Drahtantenne an einem Glasfaserstab, der seitlich aus der Sonde ragt.
Der Flugtag
Am Donnerstag, den 6.6.19, transportierten wir das nötige Equipment um 9 Uhr morgens zum Startplatz: dem Sportplatz des WBG Langenzenn, der Heimatschule der Satgruppe Langenzenn. Seit 7 Uhr hatten wir die Sonde fertig zusammengebaut und auf Funktionalität getestet; um 9:30 Uhr war der Ballon gefüllt und um 9:45 Uhr waren alle Leinen verbunden, die Elektronik lief, die Funkverbindung stand und die Sonde war bereit zum Start.
Sofort nachdem der Ballon losgelassen war, verfolgten wir die GPS-Daten, die wir über unsere Funkverbindung empfingen, bis wir auf einer Höhe von 2,1 km und einer Bodendistanz von 11,5 km aufgrund des niedrigen Winkels über dem Horizont von nur 10,3 Grad durch Bäume, Häuser und eine Hügelkette die Funkverbindung verloren.
Während der Ballon Fahrt aufnahm, packten wir unser Empfangsequipment ein und machten uns auf den Weg zur ersten Funkposition nördlich von Bamberg, an der wir die Verbindung wieder aufnehmen wollten.
Um 11:15 dort angekommen, konnten wir sofort Kontakt zur Sonde in ca. 10 bis 20 Kilometer Höhe herstellen und empfingen unser erstes Bild aus den Wolken. Es ist zwar verschwommen, da nicht alle Datenpakete korrekt ankamen, aber es lässt sich doch deutlich erkennen wie die Erde und der Himmel von einer Hügelkette getrennt sind.
Nur leider empfingen wir von unserem GPS-Modul am Ballon keine Positionsdaten, sondern eine Fehlermeldung, dass keine Verbindung zu den GPS-Satelliten im Orbit hergestellt werden kann, und so keine Positionsdaten zum senden Verfügung standen. Irgendwo zwischen unserem letzten empfangenen Signal über Fürth und Bamberg hatten wir diese Verbindung verloren, aber der Funkkontakt zum Ballon funktionierte einwandfrei.
Wir fuhren weiter zu einer Autobahnraststätte nahe Suhl, aber auch hier hatten wir zwischen den hohen Nadelbäumen keinen Erfolg. Also entschlossen wir uns dazu, auf unserem Weg über die Berge des Thüringer Walds nicht anzuhalten, da ein guter Empfang hier sehr unwahrscheinlich war, und hielten erst in der Nähe des vermuteten Landeareals zwischen Fulda und Kassel wieder zum Funken an.
Wir kamen vier Stunden nach Start der Sonde, also 90 Minuten vor dem spätestmöglichen Platzen des Ballons, dort an. Kurz nachdem unsere Antenne aufgebaut war, empfingen wir wieder Signale der Sonde. Zwar nur für einige Sekunden und damit zu kurz für ein Bild, aber lang genug, um einige GPS-Pakete zu empfangen. Doch enthielten diese weiterhin nur die bereits beschriebene Fehlermeldung, doch wussten wir jetzt, dass der Ballon noch irgendwo über uns flog. Wir warteten anschließend, bis wir davon ausgehen mussten, dass der Ballon mittlerweile geplatzt war und sich die Sonde an ihrem Fallschirm im Sturzflug zur Erde befand und machten uns dann auf zu einem Restaurant in der Nähe, wo wir uns mit dem Rest der Satgruppe trafen. Hier warteten wir gemeinsam auf die SMS-Nachrichten der GPS-Tracker, die uns den Landeort verraten sollten. Doch keiner der Tracker meldete sich. Um die Wartezeit zu überbrücken, versuchten wir mithilfe von allen uns bekannten Daten (Fluggeschwindigkeit, Höhe, Orte mit Funkempfang) und zwei Mobilfunkabdeckungskarten den Bereich einzugrenzen, in der dem Ballon gelandet sein könnte. Da sich die Tracker nicht meldeten, gingen wir davon aus, dass die Sonde in einem Funkloch gelandet sein musste. Wir identifizierten ein 20 mal 30 Kilometer großes, bergiges und bewaldetes Gebiet als das wahrscheinlichste Landegebiet. Nach vier Stunden entschlossen wir uns dazu, dort hinzufahren. Zwar war das Gebiet weit zu groß, um es abzusuchen, doch vielleicht konnten wir die Sonde dort mit unserer Funktechnik empfangen und falls sie jemand bei sich im Garten findet wären wir schneller vor Ort gewesen, um sie einzusammeln. Aber leider meldeten sich weder die Tracker, noch ein Finder, weshalb wir uns gegen 22 Uhr dafür entschieden, nach Hause zu fahren, da wir wussten, dass die Tracker mittlerweile entweder leere Akkus hatten oder in den Schlafmodus geschaltet hatten und auf ein Startkommando warteten, dass sie dort wo sie liegen nicht empfangen können.
Unser Missionserfolg
Da wir ohne unsere Sonde zurückkehren mussten und bis heute (5.8.19) noch nicht von einem Finder kontaktiert wurden, können wir nicht festlegen, weshalb wir weder Tracker- noch GPS-Empfang hatten. Trotzdem war unsere Mission ein Erfolg, da wir ein Signal an mehreren Orten über mindestens 11,6 km Luftlinie direkt nach dem Start als auch auf einer Höhe von 10 bis 20 km und 30–40 km empfangen konnten. Unsere Atmoventus H-Rakete, für die wir diese Funktechnik einsetzen wollen, steigt auf ca. 6 km Höhe, weshalb wir nun mit Sicherheit sagen können, dass diese Hardware die Richtige für den Job ist.